Neuer Fall von Vernachlässigung
Mitarbeiter der Polizei fanden keine altersgerechten Getränke
Was sind das für Studentinnen, die zu so etwas fähig sind, fragt man sich unwillkürlich angesichts des neuesten Falles von gefährlicher Vernachlässigung, der sich letztes Wochenende in Lübeck ereignete. Wie erst jetzt bekannt wurde, befreite die Polizei am Sonntag gegen Mittag im Stadtteil St. Jürgen aus einer Wohnungsgemeinschaft einen kurz vor dem Verdursten stehenden 25-jährigen Mann.
Er war schlecht ernährt und hatte keine schönen Sachen. Nachbarn hatten die Ordnungshüter alarmiert, da ihnen im Treppenhaus der Geruch aufgefallen war. Die Mitbewohnerin des Mannes, der sich selbst als Informatiker bezeichnet, war am Morgen für ein paar Stunden in die Fachhochschule gefahren, um eine Vorlesung zu besuchen.
In der Wohnung fanden die Mitarbeiter der Polizei keine altersgerechten Getränke.
„Nur Wasser, Tee und Säfte, so was habe ich noch nie gesehen“, so der noch sichtlich mitgenommene Wachtmeister Schlibrowski. Er und seine Kollegen erleben so einiges, aber in jener Wohnung fanden sie nicht einmal genügend Nahrung für eine einzige Männermahlzeit. Nur Müsli, Milchprodukte und Rohstoffe wie Kartoffeln, Reis oder Eier, die vor dem Verzehr erst noch verarbeitet werden müssten, befanden sich in der Küche.
Die Regale der Wohnung quollen über von soziologischer und kulturwissenschaftlicher Fachliteratur. Aber es fand sich keine einzige Männer-, Auto- oder Fußballzeitschrift. Auch kein Fernsehgerät. Die Beamten brachten den Mann in einer Kriseneinrichtung der gastronomischen Hilfe unter, dem „Brauberger“ in der Bierstraße. Der Leiter der Einrichtung päppelte den Mann persönlich mühsam über Stunden mit Molle und Korn wieder auf.
Mitarbeiter des zuständigen Pizzaservice verteilten Notrufnummern in der Nachbarschaft. Warum erst jetzt?, fragen einige. „Isse so traurisch“, sagte Guilermo, der Chef des Pizzadienstes, der eigentlich Achmed heißt, „rufe erst an, die Leute, wenn isse zu spät. Oder gar nischt.“
Oftmals sind die Studenten, die Opfer dieser Form von Vernachlässigung geworden sind, schlicht und einfach nicht in der Lage, selbst um Hilfe zu bitten. Spätestens seit sich schnurlose Telefone in den Haushalten allgemein durchgesetzt haben, wissen oft nur noch die Frauen, wo in der Wohnung sich diese Telefone befinden.
Dass sich Fälle wie der geschilderte häufen, bestätigt auch Chantal Schünemann. Sie leitet ein Krisentelefon mit 0900-Nummer. Die jungen Studentinnen seien mit der Haltung und Pflege eines männlichen Mitbewohners häufig überfordert. Der zuerst possierlich wirkende Mann werde schnell zu einer Belastung, wenn er nach der anfänglichen Euphorie seine typischen Verhaltensweisen der Sesshaftigkeit ausbilde. Spätestens wenn die ersten Prüfungen anstehen, bleibe den Frauen neben ihrer Lernphase kaum noch Zeit für den Mitbewohner. Böse Absicht sei es eigentlich so gut wie nie, die Frauen dazu bewege, ihren Mitbewohner alleine zu Hause zu lassen.
Aber Fälle wie dieser erschüttern auch Chantal Schünemann. „Der Ärmste hat bloß noch 90 Kilo gewogen.“ Sie schüttelt fassungslos den Kopf.
Dem jungen Studenten geht es glücklicherweise wieder den Umständen entsprechend gut. Aber das Entsetzen bleibt. Nachbarn und Kommilitonen stellten Flachmänner und Sechserträger unter dem Balkon des Opfers auf und entzündeten Kerzen. Auf einem handgeschriebenen Zettel steht die Frage: „Warum?“ Sie bewegt hier alle. (Originalversion von Spider) [ JB ]
Kommentare:
Walter Schallt Wie ... Wie, was soll denn das? diese armen Informatiker ... denen muss doch mal geholfen werden...
18.06.2011 19:49
Fallz Knallz Brauberger`? Mist ich will jetzt auch...
18.06.2011 19:49
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